Warum kümmerst du dich um sowas?

Es fällt mir einfach schwer, zu manchem die Klappe zu halten. Von sprachlichen Schnitzern bis hin zu politischen Debatten. Also sammle ich, was mir so auffällt -- und eine Bemerkung verdient...

Mittwoch, 11. Januar 2012

Das Trauerspiel geht weiter

Ich kann einfach nicht dran vorbeisehen.

In einem Forum über Rechtschreibung fand ich folgenden Satz von dem Kommentator Alexander Trust:
“Die Regelwerke haben sich immer der Sprache angepasst und nur selten ist der umgekehrte Weg begangen worden.”

Mit dem umgekehrten Weg haben wir es allerdings seit der unseligen Reform zu tun. Eine Gruppe von Ministern hat beschlossen, dass Schreibungen neuen Regeln folgen, sie hatten versprochen, es werde sich wirklich nur etwas für die Schreibung ändern, nicht aber für die Sprache.
Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die neuen Regeln haben so viel Verwirrung gestiftet, dass ein kompletter Block unserer Sprache abzubrechen droht, der als sprachliches Gestaltungsmittel große Bedeutung hat: Die Getrennt-/Zusammenschreibung. Dies ist ein Bedeutungsträger, der durch nichts anderes ersetzt werden kann. Es ist ein großer Verlust für die Sprache.

Beispiel: “Ich dachte, sie würde nicht einfach an mir vorüberlaufen.”
Der Duden schreibt zusammen, das Volk trennt alles mögliche, was in ähnlicher Weise zusammengesetzt wird.
“Ich dachte, sie würde nicht einfach an mir vorüber laufen.”
Niemand überprüft seine Schreibung durch lautes Vorlesen des Geschriebenen, denn dann würde klar werden, dass “laufen” einen zu starken Ton bekommt. Aber da ist irgendwann das Signal ergangen, dass viele früher in einem Wort geschriebenen Begriffe jetzt auseinandergerissen werden dürfen, ist ja auch bequemer, darum erlebt man jetzt die gruseligsten Frakturen.

In spätestens einer Generation wird die Betonung vergessen sein. Damit verschwindet ein ganzer Katalog von Verben aus der Sprache, die das Deutsche früher so plastisch und bildhaft gemacht haben.
"Wir sollten uns noch mal zusammensetzen."
"Wir sollten uns noch mal zusammen setzen." Wird da eine Übung im synchronen Hinsetzen geplant? :-))

Wenn ich den oben zitierten Satz von Trust weiterführe, ist es auch nicht wünschenswert, durch Regeländerungen in die Sprache einzugreifen. Der Schaden, der durch die Reform angerichtet wurde — und zwar mittelbar, durch Imitation und Vermutungen, nicht durch strikte Anwendung –, ist enorm. Man kann sagen, das sei ja nicht die Schuld der neuen Regeln. Aber wer schlägt schon alles nach, was er schreibt, vor allem im flotten Tempo der Internet-Kommunikation? Da versuchen die meisten eher, von den Eckwerten abzuleiten.
Hier wurden Signalfahnen mit verhängnisvoller Wirkung gesetzt, auch wenn das nicht Absicht war.

Montag, 5. September 2011


Die Hafen-City ist ein aufregendes Experiment. Sie ist ein Tummelplatz der modernen Architektur und wird sich in der Zukunft als eine Parade gelungener oder misslungener Konzepte erweisen. Jeder große Wurf trägt in sich die Gefahr des Scheiterns. Und jeder große Wurf ist die Versuchung, der Welt zu zeigen, dass man das scheinbar Unmögliche vollbringt. 
Dies wird von der Zeit relativiert.
Allzu überspannte Bauten, die zuviel Raum überspannen wollten, sind irgendwann der Schwerkraft und/oder dem Winddruck gefolgt. Ich sage nur "Schwangere Auster". Wie die niederkam, das hat eine gewisse Skepsis in die Dauerhaftigkeit solcher Konzepte geboren. Und schließlich kann es ja auch um Menschenleben gehen, je danach, welchen Zeitpunkt sich ein Bau aussucht um niederzukommen. Wie lange es auch dauern mag, bis die Träger durchrosten -- irgendwann tun sie es. Ungestraft versetzt man Mauerwerk nicht in einen schwebenden Zustand. Gegen die Naturgesetze zu bauen geht nicht lange gut -- nicht lange in Zeiträumen, die für Menschen lange dauern. Für die Evolution sind es nur Augenblicke. 
Wir täten gut daran, uns darauf zu besinnen. Jeder Mensch weiß, was Hebelkraft ist, das Lasten Stützen brauchen und dass alles Schwere dem Boden zustrebt. Wie beruhigt oder beunruhigt wohnt es sich in einem Gebäude, das unser unterschwelliges Wissen gegen den Strich bürstet?

Dienstag, 16. August 2011

Mieten - kaufen - wohnen - beleidigen

Die tägliche Zumutung auf VOX

Ein Makler stellt gleich zu Anfang des Kennenlernens fest, daß seine Kundin zu groß ist -- trägt sie doch auch noch hohe Schuhe. Zu was zu groß? Ist das ein Date oder ein Geschäftstreffen? Ich hätte ihm gleich gesagt, machen Sie mit meinem Freund oder meinem Bruder einen Termin -- und wäre gegangen. Daß sie es nicht tut, erklärt sich ja leicht daraus, daß alle diese Szenen eingeübt sind. Damit wären wir bei dem täglichen Großbetrug dieser "Dokus", aber genug. Es geht noch weiter. Sie erzählt, sie lebe in einer WG mit drei Männern; seine Reaktion darauf: "Sie lassen aber auch nichts anbrennen." Geht es noch unverschämter? Jetzt wäre eine Klatsche angezeigt gewesen. Sie war natürlich darauf eingeschworen, kaum merklich zu reagieren, und auch hier endete das Verkaufsgespräch noch nicht.
Abgesehen, daß diese Szenen schlechtes Laientheater sind, was inzwischen jeder weiß -- dadurch, daß sie als Realität daherkommen, wirken sie als Vorbilder für Denk- und Verhaltensweisen, die nachgeahmt werden. Die Dreistigkeiten des Maklers bleiben ungestraft stehen, während diese junge Frau im realen Leben wahrscheinlich ganz anders geantwortet hätte, wenn ihr jemand auf diese Weise dumm gekommen wäre, mit "sag' mal, tickst du nicht richtig? Denkst du, ich treib's mit jedem?" und die Alternative wäre das übliche Geprolle gewesen, von dem man ohnehin oft genug wegzappen muß.

Fazit: Der Zynismus der Macher solcher Sendungen hat inzwischen ein Niveau erreicht, wo sie sich hemmungslos aus der untersten Schublade des Sexismus bedienen. Möglicherweise merken die Script-Autoren solcher Sendungen es nicht einmal mehr. Täten sie es, sie würden -- oder sollten -- sich schämen.

Dienstag, 14. Juni 2011

Stellen Sie sich vor, Sie wollen Brötchen holen, bekommen sie aber nur, wenn Sie dem Club des Bäckers beitreten.

Wird das Internet mehr und mehr zu einem Clubsystem?
Ich werde hier und da in Communities eingeladen -- nein, das sind keine Einladungen, das sind Forderungen. Ich bekomme nur Zugang, wenn ich mich registriere. Persönliche Daten als Eintrittskarte.

Diese Entwicklung stinkt mir. Sie nennen es wohl Web2.0. Allein diese Bezeichnung unterstellt etwas, was dem Internet eigentlich fremd sein müßte. Es gibt nicht "einen Entwickler" des Internets. Es gibt zwar Standards, aber sie sind nicht zwingend; wer sich darüber hinwegsetzt, riskiert lediglich, daß weniger Benutzer seine Seiten sehen können. Das erzieht.

Darum liebe ich das Bloggen und will in dieser Welt umherwandern. Das ist wie Wandern in der freien Natur, wo es das Recht auf den Weg gibt. Kein Bitten um Einlaß, niemand fragt uns, wer wir sind, wir stellen uns Fremden freiwillig vor oder auch nicht.
Das Internet ist für die Menschen in China, Ägypten, Tunesien und in vielen anderen Ländern eine wichtige Waffe im Kampf um Freiheit -- und wir geben den unregistrierten Zugang ohne Not auf?
Wir sollten wachsam sein, wo es Versuche gibt, unsere Freiheit zu beschneiden.

Ich trete keiner Community bei, die eine Mitgliedschaft für das reine Lesen verlangt (klar, ich bin ein Mitglied von Blogger/Google, aber Sie können meinen Blog lesen und kommentieren, ohne sich registrieren zu müssen!)
Helfen Sie mit, das Internet gegen Einschränkungen zu verteidigen. Es muß ein freies Land bleiben.

In Sachen Facebook bin ich allerdings abtrünnig geworden. Ich habe meinen Vorsatz gebrochen.
Man kommt einfach nicht dran vorbei.

Donnerstag, 17. März 2011

Wie man mit der Katastrophe umgeht

Es ist eingetreten, was immer als unmöglich galt. Und unsere Trauer gilt allen Opfern, unser Mitgefühl und unser Respekt denen, die sich gerade opfern.

Das ist eine Tragödie, und niemand freut sich, wenn seine Prophezeihung in Erfüllung gegangen ist. Häßlich ist aber das Gezappel, das jetzt bei denen einsetzt, für die Canossa eigentlich in Nordjapan liegen müßte, für alle, die das für unmöglich hielten, was jetzt passiert.

Besonders häßlich ist es, wenn eine Frau Homburger von den Liberalen das Wort "Gegengesellschaft" für Rot-Grün verwendet. Das Wort "Gegengesellschaft" ist wohl kaum anzuwenden auf einen Teil der Gesellschaft, der sich ebenfalls auf eine demokratische Legitimation stützt.

Und noch häßlicher ist es, wenn die Regierungsparteien die Äußerungen der Opposition abwehren, indem sie schreien, die rot-grüne Regierung hätte ja auch schon alles abschalten können. Das paßt wirklich nicht zu den Versuchen, die Laufzeiten doch noch über eine dreimonatige Schnellprüfung zu retten.

Alle Risiken ausschließen? Wir sollten aufhören, die Risiko-Kalkulation auf denkbare Risiken stützen zu wollen. Bei jedem GAU sind die Betreiber überrascht worden. Die real eingetretenen Schadensfälle beruhten auf unkalkulierbaren Umständen, zum Beispiel gleichzeitig eintretenden Ereignissen, die man bisher nur einzeln kalkuliert hat. Es können auch Ereignisse eintreten, an die wir jetzt alle noch nicht denken.

Wahrscheinlichkeiten jedenfalls berechnen Menschen immer wieder völlig falsch.

Dienstag, 1. März 2011

Wahl in Hamburg — die große Ratlosigkeit

Die Wahlen in Hamburg glänzten durch eine sehr niedrige Wahlbeteiligung. Sie sinkt stetig — hätte nicht das neue Wahlrecht endlich Engagement wecken müssen? Fördern nicht die neuen Möglichkeiten die Lust am Mitwirken durch den Bürger?
Die erfreuliche Seite des geänderten Wahlgesetzes ist zwar, dass ich nun auch hinten plazierten Parteisoldaten meine Stimme geben kann, ohne mich an die Hitliste der Partei zu halten. Diese Freiheit hat aber einen hohen Preis. Jetzt aber wird es kompliziert: Ich finde die Kandidaten meiner Wahl nur schwer in den langen Listen wieder — vier verschiedene Stimmhefte in A4, was für ein Berg Papier! — und das Wählen hält mich sehr lange in der Kabine fest.
Am problematischsten aber — und das ist nicht die Schuld des Wahlgesetzes! — ist die Unmöglichkeit, sich vorher im Internet über die Kandidaten und ihre Themenschwerpunkte zu informieren. Nur die Linke stellt ihre Kandidaten auf der Website einigermaßen gescheit vor: Ein Foto, eine kurze Erklärung zu den Kernkompetenzen.
Da wünscht man sich eine digitale Wahlmöglichkeit. Laptops mit Intranet in der Wahlkabine, Listen mit Kandidatenbildern und Hauptaussage in kurzer Form; hier könnte man auch durch Hinweise verhindern, dass zuviele Kandidaten angekreuzt werden — bei 5 Stimmen auf mehreren Seiten verzählt man sich auch leicht.
Wählen nach Augenschein und Sympathie — eine Horrorvorstellung? Bitte keine Illusionen: Das tun wir sowieso. Ein wenig mehr Inhalte könnten so sogar besser transportiert werden als bei der gegenwärtigen Lage.

Diesen Text habe ich bereits als Kommentar in Carta eingestellt.

Samstag, 22. Januar 2011

Deutsch im freien Fall -- neue Folge

kennt wer von äuch seiten wo man themes downloaden kann?

Autsch. Das sollte "euch" heißen.
Das hat die deutsche Sprache nun von ihrer aufwändigen Reform. Solche und ähnliche Gämsen habe ich schon mehrfach gefunden. Läuchten oder läugnen, wenn ich mich recht erinnere. Man sollte das sammeln und den Urhebern -- nicht den Schreibern! Den Reformern! -- um die Ohren klatschen.